Wie funktioniert CAR-T-Zelltherapie?

CAR-T-Zelltherapie

Es ist uns immer wieder eine Freude, von neuen innovativen Krebstherapien zu hören. So war es ein großes Vergnügen, bei dem letzten DLH-Patientenkongress am 17. Juni in Magdeburg am Vortrag zu der chimären-Antigenrezeptor-T-Zelltherapie („CAR-T-Zelltherapie“) von Herrn Prof. Dr. Mougiakakos teilnehmen zu dürfen.

Das Immunsystem führt einen täglichen Kampf in unserem Körper. Dies bezieht sich nicht nur auf die Bekämpfung von Infektionen, sondern tatsächlich auch auf die Beseitigung von geschädigten Zellen, die potenziell in hämato-onkologischen Erkrankungen resultieren könnten. Letzteres funktioniert meist aber weniger vielversprechend.

Herr Prof. Dr. Mougiakakos beschrieb das Wirkprinzip dahinter wie ein Rendezvous zwischen T-Lymphozyten, einer Untergruppe der Leukozyten und damit Teil des Immunsystems, und den Tumorzellen. Sie treffen aufeinander und die T-Lymphozyten erkennen die Tumorzellen, sodass sie diese abwehren können. In Anfangsstadien der Erkrankung funktioniert dies noch gut, doch mit der Zeit verlieren die Tumorzellen an bestimmten Oberflächenproteinen, den MHC-Molekülen, die für die Entdeckung durch T-Zellen essenziell sind. Dieses Unsichtbarwerden ist ein Prozess der Tumorzellen, um sich weiter ungestört vermehren zu können. Hier setzt die CAR-T-Zelltherapie an. Genau diese T-Zellen werden dem Patienten entnommen und im Labor mit neuen Rezeptoren ausgestattet, um einzelne Oberflächenproteine der Tumorzellen gezielt erkennen und an diese binden zu können. Die Tumorzellen können sich dem weniger gut entziehen, da sie an diese Rezeptoren nicht gewöhnt werden und sozusagen überrascht werden. Sobald die Rezeptor-Protein-Bindung stattgefunden hat, vermehren sich die besonderen T-Zellen exponentiell und zerstören im besten Fall den Tumor vollständig. Bisher konnten leider nur für einige Tumore des hämato-onkologischen Systems wirksame CAR-T-Zell-Oberflächenprotein-Verbindungen nachgewiesen werden. Bei den Tumoren, bei denen es funktionierte, zeigten sich jedoch vielversprechende Ergebnisse. Das Präparat Axicabtagen-Ciloleucel, eingesetzt bei B-Zell-Lymphomen, zeigte eine geringere Rezidivrate als herkömmliche Therapien im fortgeschrittenen Stadium und ein besseres Ansprechen (Locke et al., 2022).

Zu den bisher behandelten Tumoren zählen das aggressive B-Zell-Lymphom, das follikuläre Lymphom, das Mantellzelllymphom und das multiple Myelom. Bisher ist die CAR-T-Zelltherapie keine Erstlinientherapie, sondern wird nur eingesetzt, wenn Vortherapien fehlgeschlagen sind. Also nur, wenn der Tumor nicht auf Chemotherapie o.ä. angesprochen hat oder trotz dieser zurückgekehrt ist. Wie viele Vortherapien notwendig sind, bis die CAR-T-Zelltherapie in Betracht gezogen wird, hängt von der Art des Tumors ab.

Ist die Indikation für die CAR-T-Zelltherapie gestellt, folgt ein mehrschrittiger Prozess mit vielen Untersuchungen und eventuell einer Überbrückungstherapie, bis es zur Gabe der CAR-T-Zellen kommt. Diese erfolgt stationär während eines mehrtägigen Aufenthalts.

Faktoren, die ein Ansprechen auf die Therapie begünstigen, sind eine schon vor Beginn der Therapie geringe Tumormasse und ein im Krankheitsgeschehen früher Therapiebeginn.

Bei der CAR-T-Zelltherapie kann es zu Nebenwirkungen kommen, die in der Form nicht bei anderen Krebstherapien vorkommen.

Zum einen ist man zumindest für eine Weile nach Abschluss der Behandlung prädisponiert für infektiöse Erkrankungen. Dies kommt daher, dass häufig die CD19-Oberflächenmoleküle als Ziele der CAR-T-Zellen eingesetzt werden, da sie primär auf den B-Zellen des Immunsystems zu finden sind und somit auch übermäßig häufig mit Lymphomen dieser Zellen assoziiert sind. Nun werden so wie bei z.B. der Chemotherapie die Tumorzellen aufgrund ihres erhöhten Vorkommens häufiger attackiert, jedoch auch die gesunden Zellen. Durch eine vorübergehende Verminderung dieser B-Zellen ist man weniger befähigt Antikörper zu bilden und kann Infektionen schlechter abwehren.

Zum anderen wurden das Zytokinfreisetzungssyndrom („CRS“ nach cytokine releasing syndrome) und die neurotoxische Enzephalopathie beobachtet. Das CRS tritt bei 50 – 90 % der Patienten auf und äußert sich in Fieber inkl. Schüttelfrost, herabgesetztem Blutdruck, einer erhöhten Herzfrequenz und einer verringerten Sauerstoffsättigung. Trotz seiner Häufigkeit ist es gut behandelbar. Die neurotoxische Enzephalopathie tritt seltener auf, ist aber vielfältiger in seiner Ausprägung. Prof. Dr. Mougiakakos betont hierbei, dass es vor allem auf ein gutes Gespür der behandelnden Personen und der Angehörigen ankommt, da sich die Enzephalopathie u.a. in subtilen Persönlichkeitsveränderungen und einer Veränderung der Aufmerksamkeit und Konzentration äußern kann. Diese Nebenwirkung ist meist ebenfalls reversibel, trotzdem wird weiter an beiden Syndromen geforscht und neue Behandlungsstrategien werden exploriert. Dazu gehört auch, dass die Wirkung auf das Knochenmark weiter untersucht wird.

Beendet wird der Vortrag mit dem Fazit, dass die CAR-T-Zelltherapie jetzt schon effektiv ist, aber noch am Anfang steht. Herr Prof. Dr. Mougiakakos gibt damit einen hoffnungsvollen Ausblick auf die Zukunft. Er betont auch, dass die Individualität eines jeden Patienten beachtet werden muss – dies zeigte sich auch in der an den Vortrag anschließenden Diskussion, in welcher intensiv auf die persönlichen Patientengeschichten eingegangen wurde.

Wir danken für diesen umfassenden Vortrag. Er zeigte uns, wie unglaublich es ist, welche neuen Therapien bereits gefunden wurden und gleichzeitig, dass noch ein weiter Weg voller Chancen vor uns liegt.